Die Familien bringen ihre Ernten zur Bank.
Jeder Sack wird sorgfältig gewogen.

Senegal - In der Gemeinde Boulèle wurde ein Netzwerk an Getreidebanken aufgebaut, um die Nahrungssicherheit der Bevölkerung zu verbessern. Es kommt zur richtigen Zeit.

Ndiaga Seck, ein Mitglied der Getreidebank von Warkéré, bezeugt: „Es ist das erste Mal, dass ich die Hungerperiode ohne grössere Sorgen überstehen konnte. Die zusätzliche Unterstützung der mittellosesten Familien, zu denen auch ich gehöre, haben mein Leben verändert.” Der Senegal befindet sich zurzeit in einer kritischen Situation, bedingt durch Probleme bei der Nahrungsmittelversorgung, die steigende Inflation, die im Senegal besonders stark ist, sowie die Auswirkungen des Klimawandels. In diesem speziellen Kontext stellen die Getreidebanken eine Lösung dar, die zur richtigen Zeit kommt und den aktuellen Problemen Abhilfe verschafft.

Ist es eine Bank?

Der Prozess ähnelt dem einer „normalen” Bank, wie wir sie kennen, mit dem Unterschied, dass das Geld durch Getreide ersetzt wird, die Mitglieder die Bank verwalten und sie rein gemeinschaftsorientiert ist. Über das Gebiet der Gemeinde verteilen sich insgesamt fünf Banken, die jeweils zwei Leistungen anbieten :

  • Während der Hungerperiode von Juli bis September können sich Mitglieder auf Kredit mit Getreide versorgen, je nach verfügbarem Bestand mit 1-2 Säcken à 50 kg. Diesen Kredit zahlen sie bei ihrer nächsten Ernte in Form von Naturalien zurück.
  • Die Getreidebanken bieten zudem die Möglichkeit, die Ernten der Bauern gegen Bezahlung zu lagern. Pro Sack bezahlen die Bauern einen Betrag von CHF 0.50 pro Monat.

Die Überschüsse der Getreidebanken, die durch die Zahlung dieser Leistungen gebildet werden, ermöglichen nicht nur die Deckung der laufenden Kosten, sondern auch Solidaritätsvorräte anzulegen. Damit werden Familien unterstützt, die durch ein besonderes Ereignis in eine prekäre Lage gerieten.

Befreiende Auswirkungen

Dank dieser Infrastruktur sind Bauern und ihre Familien einerseits während der Erntezeit nicht gezwungen, einen grossen Teil ihrer Ernte zu Schleuderpreisen an Händler zu verkaufen. Andererseits können sie dank der Lagerung der Ernten während der Hungerzeit deutlich weniger Getreide zu horrenden Preisen kaufen. Bisher mussten die meisten Bauern Kredite mit Wucherzinsen in Anspruch nehmen oder sogar ihr Vieh verkaufen, um Getreide zu erstehen. Unter den Mitgliedern der Getreidebanken ist diese Praxis nun ganz verschwunden. Aliou Beye erzählt: „Während der letzten Hungerperiode hatte ich nur noch eine männliche und eine weibliche Ziege. Den Rest der Herde musste ich zum Metzger bringen. Dieses Jahr zur gleichen Zeit besteht meine Herde aus 12 Ziegen!” Unsere Intervention hat das Leben von mehr als 8’500 Personen verändert. Und es gehen laufend Anträge auf neue Mitgliedschaften ein.

Xavier Mühlethaler

Übersetzt von Andrea Höhener