Guinea - Gemeinsam mit einer Gruppe junger Erwachsene aus dem Dorf hat Kadiatou Doumbouya diesen Sommer während drei Wochen TeilnehmerInnen eines Einsatzes empfangen. Interview:
Hattest du Bedenken, als die Ankunft der Schweizer Gruppe angekündigt wurde?
„Ich hatte Angst, den Erwartungen an mich nicht gerecht zu werden, das Dorf nicht angemessen zu repräsentieren und Fehler zu machen. Ich dachte, die Gruppe würde sehr anspruchsvoll sein, ein wenig ‚arrogant’. Würden sie uns wegen unserer Gewohnheiten verurteilen? Unsere Arbeit unterschätzen? Uns lächerlich machen?“
Wie hast du diese Austauschwochen erlebt??
„Diese Momente sind für mich und die Dorfbewohner unvergesslich. Ich war glücklich, die Gemeinschaft zwischen allen zu sehen. Manchmal war ich müde, aber ich hatte Spass daran, mich für den Austausch zur Verfügung zu stellen. Ich wollte keine Gelegenheit verpassen. Jeder Moment war kostbar für mich. Ich mochte es, über meine Kultur zu sprechen, vor allem über das Leben der Frauen im Dorf. Wir konnten offen über alles sprechen, ohne Zurückhaltung.“
Welche Elemente haben dich an den jungen Schweizern überrascht?
„Ihre Angst vor Insekten! Anfangs konnte ich nicht verstehen, wie man Angst vor diesen kleinen Wesen haben kann, mit denen wir täglich leben. Einige Gesprächsthemen haben mich ebenfalls überrascht, wie die Banalisierung von Ehe und Scheidung. Hier sind das sehr wichtige Themen.“
Was nimmst du aus dieser Erfahrung mit?
„Ich habe immer gedacht, dass afrikanische Frauen mehr leiden als alle anderen Frauen auf der Welt. Das mag vielleicht stimmen, aber im Austausch habe ich verstanden, dass auch weisse Frauen volle Arbeitstage haben. Es sind einfach andere Aktivitäten. Diese Erfahrung hat mich auch ermutigt, meinen Kampf für fi nanzielle Unabhängigkeit fortzusetzen. Seitdem ich mein Universitätsstudium abgeschlossen habe und in der Stadt keine Arbeit gefunden habe, bin ich ins Dorf zurückgekehrt, um auf dem Feld zu arbeiten und kleine Handelsaktivitäten zu betreiben. Manchmal fühlte ich mich den anderen Frauen im Dorf überlegen. Diese Erfahrung hat mich Bescheidenheit und Durchhaltevermögen gelehrt. Mit etwas Mut und Überzeugung und dank dem umgesetzten Projekt werden wir unsere Hindernisse überwinden.“
Was ist deine kostbarste Erinnerung?
„Der Abreisetag hat mich am meisten berührt. Die Tränen der Schweizer TeilnehmerInnen, der Dorfkindern, der Frauen und sogar einiger Männer (die nur sehr selten weinen), waren unbeschreiblich! Diese drei Wochen haben uns so eng zusammengeschweisst, dass wir eine einzige Familie gebildet haben, trotz der Unterschiede in Hautfarbe und Sprache. Ich bin sehr dankbar für die Organisation des Einsatzes in meinem Dorf. Anfangs konnte ich es kaum glauben, als das Kommen einer Gruppe angekündigt wurde. Khonéya ist ein kleines Dorf, fast vergessen von der Regierung. Ich habe mich gefragt, was wir getan haben, um ein solches Privileg zu verdienen.“
Das Gespräch führte Bademba Diallo,
transkribiert von Laureline Hartmann
Übersetzt von Sarah reinhard