Seitdem die Klimafrage in aller Munde ist, wimmelt es nur so von CO2‑Kompensationsmöglichkeiten. Sowohl zertifizierte Strukturen als auch Organisationen, die sich selbst als „kompensatorisch“ bezeichnen, versuchen ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Der Ideenreichtum, mit dem bestimmte Verhaltensweisen mit dem Mäntelchen der moralischen Akzeptabilität versehen werden, veranlasste Nouvelle Planète dazu, eine CO2-Bilanz-Studie in Auftrag zu geben: Wir erreichen trotz der mit unseren Einsätzen einhergehenden Emissionen mühelos die „CO2-Neutralität“, und könnten sogar CO2-Kompensation anbieten.
Mit dem CO2-Handel kann man die eigenen CO2-Emissionen durch Finanzierung von Projekten zur Emissionsreduktion oder zur Kohlenstoffbindung kompensieren. Eine interessante Idee, die sich jedoch rasch als problematisch erweist. Denn sie ermöglicht es jenen Personen, Unternehmen oder Ländern, die über die nötigen Mittel verfügen, weiter zu machen wie bisher und die Klimaanstrengungen zur Beruhigung ihres Gewissens auf die weniger glücklichen Länder abzuwälzen. Es drängt sich der Vergleich mit dem Ablasshandel der katholischen Kirche im 15. Jahrhundert auf, dank dem man sich von seinen Sünden loskaufen konnte.
Trotz der Fortschritte im Bereich der Zertifizierung, lässt sich die Wirkung vieler CO2‑Kompensationsprojekte schwer nachweisen. So ist es alles andere als sicher, dass ein heute gepflanzter Baum voll auswächst, ohne gefällt zu werden oder einer Krankheit oder einem Waldbrand zum Opfer zu fallen. Der Versuch die eigenen Emissionen anderweitig absorbieren zu wollen ist derart vielen Ungewissheiten unterworfen, dass ihre – selbst teilweise – Kompensation nicht gewährleistet werden kann.
Deshalb hat Nouvelle Planète beschlossen, nicht am CO2-Handel teilzunehmen. Wir ziehen es vor, bei unseren Projekten auf die Berücksichtigung der Umweltaspekte zu fokussieren. Wir wollen unsere Emissionen mit allen Mitteln reduzieren. Heute ist es dringend nötig, Verantwortung für unser Verhalten zu übernehmen – sprich, alles zu tun, um dieses endlich zu ändern und die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. Falsche Anreize wie die CO2-Kompensation führen dazu, dass notwendigen Massnahmen hinausgezögert werden.
Xavier Mühlethaler
Übersetzt von Marina Bentele